Höhere Inflation erschwert Zinsdebatte für die EZB

Die Verbraucherpreise in Deutschland sind in diesem Monat wieder schneller gestiegen. Experten hatten den Anstieg erwartet, doch nicht in dieser Höhe – denn auch die Kerninflation überrascht.

EZB Frankfurt

Frankfurt. Immer wieder warnte Christine Lagarde in den vergangenen Wochen, dass die Inflation noch nicht besiegt ist – die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) sollte recht behalten. Nach einem Zwischentief zieht die Teuerung wieder an, und das kräftiger als erwartet.

Die deutschen Verbraucherpreise sind laut Statistischem Bundesamt im Oktober um 2,0 Prozent gestiegen. Im September lag die Inflationsrate noch bei 1,6 Prozent. Auch in der Euro-Zone als Ganzes dürfte die Inflation merklich angezogen haben.

Ein Anstieg in den letzten Monaten des Jahres war erwartet worden, allerdings fällt die Bewegung jetzt stärker aus als prognostiziert. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Experten hatten für den Oktober lediglich mit 1,8 Prozent Inflation gerechnet. Somit steuern die Notenbanker auf schwierige Beratungen zum weiteren Zinskurs zu.

Wesentlicher Grund, dass die Inflation wieder anzieht, sind die schwankungsanfälligen Energiepreise. Daten aus einzelnen Bundesländern deuten indes darauf hin, dass die Verbraucherpreise auch in anderen Bereichen stärker gestiegen sind als zuletzt. So sind etwa Pauschalreisen teurer geworden

Höhere Kerninflation bereitet Sorgen

Das schlägt sich in einer etwas höheren Kerninflation nieder: Diese Rate ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise ist von 2,8 auf 2,9 Prozent gestiegen. Experten hatten eher auf einen leichten Rückgang spekuliert.

„Der Wiederanstieg der Kerninflation zeigt einmal mehr, dass das Inflationsproblem noch nicht abschließend gelöst ist und weiterhin Geduld gefragt ist“, sagte Deutsche-Bank-Ökonom Sebastian Becker. Ihm bereitet insbesondere die Teuerung bei Dienstleistungen Unbehagen: Sie ist auf 4,0 Prozent gestiegen. Auf Monatssicht ist die Inflation mit einem Plus von 0,4 Prozent im Oktober ebenfalls beträchtlich.

Auch nach EU-weit einheitlicher Berechnung hat die Teuerungsrate deutlich angezogen, von 1,8 auf 2,4 Prozent. Dieser sogenannte Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist das zentrale Maß für die EZB. Er deutet darauf hin, dass auch die Inflation in der Euro-Zone insgesamt stärker steigt als erwartet. Eine Schnellschätzung veröffentlicht das Statistikamt Eurostat diesen Donnerstag.

Der Wiederanstieg der Teuerung fällt mit einer anhaltenden wirtschaftlichen Stagnation zusammen. Zwar ist die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal überraschend um 0,2 Prozent gewachsen. Allerdings passte das Bundesamt für Statistik auch seine Berechnungen für die vorherigen Monate an: Im zweiten Quartal schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,3 Prozent. Bisher waren die Fachleute von einem Minus von nur 0,1 Prozent ausgegangen.

Rest der Euro-Zone wächst stärker

Martin Moryson, Chefvolkswirt Europa beim Vermögensverwalter DWS, spricht deshalb von einem „Nullsummenspiel“, Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer von einem „Ausreißer nach oben“.